Falsch gesetzt beim Online-Glücksspiel

In England findet ein Exodus der grossen Wettanbieter statt. Die englische Regierung hat sich bei ihrer Glücksspielpolitik verfahren.

Ähnliches gilt für kleinere Staaten, die sich in den Fängen verkaufsstarker Anwälte befinden und gehofft haben, vom Online-Glücksspiel zu profitieren. Die englische Buchmacherfirma William Hill betreibt ihren Telefonverkauf neu vom Ausland aus, nachdem sie im letzten Jahr auch schon ihre Online-Aktivitäten nach Gibraltar verschoben hat. Durch den Exodus von Wettanbietern wie Ladbrokes und William Hill entgehen England nicht nur Steuern. Es findet auch ein massiver Arbeitsstellenabbau statt. Und das kann England aufgrund der aktuellen Konjunkturlage gar nicht gefallen.

Konsequenzen des Exodus

Die Gründe für diese Entwicklung im Mutterland der Sportwetten liegen in einer verfehlten Glücksspielpolitik der Regierung. Sie tolerierte das Wettangebot von Anbietern aus Offshore-Ländern, wo nur minimale Steuerabgaben anfallen. Weiter verpasste sie es, das Geschäftsmodell der sogenannten Wettbörsen einer geeigneten Besteuerung zuzuführen. Auf Wettbörsen spielen die Kunden gegen eine Vermittlungsgebühr gegeneinander und nicht gegen den Buchmacher. Wettbörsen, haben in England – sofern sie nicht sowieso von Offshore-Standorten aus operieren – erhebliche Steuer- und damit Kostenvorteile gegenüber den traditionellen Wettanbietern.
Branchenkenner gehen davon aus, dass England seine Politik ändern muss. Der Traum von der Expansion der einheimischen Glücksspielindustrie auf einen liberalisierten europäischen Gesamtmarkt ist ausgeträumt. Um wenigstens den Heimmarkt noch retten zu können, wird England nicht darum herum kommen, ebenfalls nur im Inland konzessionierte und besteuerte Unternehmen zuzulassen.

Ende des Offshore-Online-Glücksspiels

Viele kleinere Staaten beobachteten die Erfolge von Malta und Gibraltar bei der Ansiedlung von Online-Glücksspielfirmen. Nicht nur traditionelle englische Buchmacher wie Ladbrokes und William Hill, sondern auch österreichische, skandinavische und neue britische Glücksspielanbieter profitierten von minimalen Steuersätzen an diesen Offshore-Standorten. Jüngst stellte der Europäische Gerichtshof aber klar, dass die EU-Staaten bei der Regulierung des Glücksspiels erhebliche Freiheiten haben. Mit der Blockade von Internetadressen und des Zahlungsverkehrs illegaler Anbieter gehen sie dazu über, ihre Märkte von den Angeboten aus Offshore-Standorten zu befreien. Dies gelingt zwar nicht vollständig, aber doch so gut, dass dies das Ende des «Geschäftsmodells» des Offshore-Onlineglücksspiels bedeuten dürfte.
Da sich sogar die traditionelle Wettnation England im Poker um die Glücksspielmärkte verfahren hat, erstaunt es nicht, dass auch kleinere Staaten sich schwer tun im Umgang mit dem Glücksspiel.

Schlecht beraten

Noch bevor der Europäische Gerichtshof den EU-Staaten das Verbot des grenzüberschreitenden Online-Glücksspielangebots explizit ermöglichte, ist es verkaufsstarken Anwälten gelungen, von der Unsicherheit zu profitieren und sich bei kleineren Staaten lukrative Beratungsmandate zu sichern. Man hoffte dort auf Steuereinnahmen und neue Arbeitsplätze nach dem Vorbild von Malta und Gibraltar.
So berät z. B. eine Deutsche Kanzlei die Republik Moldawien bei der «Modernisierung» seiner Online-Glücksspielgesetzgebung. Diese Kanzlei machte sich international für eine weitgehende Liberalisierung stark und hat vor allem Kunden, die sich gerne ein Stück vom lukrativen Glücksspielkuchen abgeschnitten hätten. Auch Liechtenstein liess sich bei der Erarbeitung seines neuen Glücksspielgesetzes von einem Anwalt beraten, der im Glücksspielbereich bereits die Interessen vieler unterschiedlicher Akteure vertreten hat.
Es bleibt abzuwarten, bis wann allen klar wird, dass das Online-Glücksspiel Parallelen aufweist mit der Dotcom-Blase. Profitiert haben auch dort vornehmlich Marktanalysten, Berater, Lobbyisten und Anwälte sowie die Firmengründer, die rechtzeitig verkauft haben.

War das hilfreich? Bitte gib uns ein Feedback!

Eure Meinung: 0 / 5. | Teilnehmer: 0

Noch keine Bewertung, bitte helfe uns bei der Qualität


Weitere Artikel/Spiele