Fiskus zockt mit
Überall werden immer mehr Spielautomaten aufgestellt. Die Gemeinden wollen steuern, aber auch kassieren.
Spielhallen sind kein Teufelswerk. Doch zur Wiederbelebung verödeter Einkaufsstraßen tragen sie gewiss nicht bei, sagt Karl-Christian Schelzke, Direktor des Hessischen Städte- und Gemeindebunds. Spielsalons unterschieden sich schon äußerlich von Restaurants oder Einzelhandelsgeschäfte. „Sie sind abgeschlossen wie gewisse Etablissements.“ Eine eigene abgeschottete Welt, die auf die meisten Bürger wenig einladend wirke. Deshalb warnt Schelzke Kommunalpolitiker davor, dem Spielhallen-Wildwuchs tatenlos zuzuschauen. Von Verboten hält er zwar nichts. Aber: „Es ist sinnvoll, dass die Stadt mit den Hauseigentümern spricht.“ Vermieter müssten für die Folgen sensibilisiert werden. Alle paar hundert Meter ein leeres Ladengeschäft schade auch ihnen. „Das schlägt sich auch auf die Bodenpreise nieder“.
Das Geschäft mit den Geldspielautomaten blüht. 28,71 Millionen Euro schmissen Zocker im vergangenen Jahr allein in Frankfurt in die Schlitze. 12,28 Millionen in Wiesbaden. Davon profitierte auch der Fiskus: 3,31 Millionen Euro flossen in die Kasse der Stadt Frankfurt, die Landeshauptstadt bekam 1,42 Millionen an „Vergnügungssteuer“. Es hätte noch mehr sein können, meint Wolfgang Schmidt, Geschäftsführer der hessischen Landesstelle für Suchtfragen. Er wirft den Kommunen eine Doppelmoral vor. Einerseits beklagten sie den Spielhallen-Wildwuchs, andererseits schöpften sie ihre Möglichkeiten beim Baurecht oder der Steuer nicht aus. Wiesbaden zum Beispiel nimmt 13 Prozent auf den Kasseninhalt des Geräts und plant die Obergrenze von 204,50 Euro ersatzlos abzuschaffen. Frankfurt überarbeitet derzeit seine Satzung, will künftig zwölf Prozent nehmen, höchstens jedoch 200 Euro.
Eine solche Deckelung wäre nicht notwendig, es sei denn, um Verwaltungsaufwand zu sparen. Einen Rechtsstreit mit der klagefreudigen Automatenlobby brauche die Kommune derzeit nicht zu befürchten, sagt Alexandra Rauscher, Referentin beim Städte- und Gemeindebund. „Die Bruttokassenbesteuerung steht momentan auf rechtssicheren Füßen.“ Das ist noch nicht in allen Rathäusern angekommen. Heusenstamm im Kreis Offenbach etwa verzichtet auf die Steuereinnahme, „weil das lange Zeit rechtlich problematisch war“, sagt Dezernent Uwe Michael Hajdu (CDU). Im benachbarten Obertshausen mit seinen beiden Spielhallen gibt es derweil Überlegungen, eine Satzung zu erstellen.
Allein die Besteuerung der Automaten könne den Wildwuchs ohnehin nicht eindämmen, meint Kassels Kämmerei-Leiter Rolf Hedderich. Die Änderung der Spielverordnung im Jahr 2006 und der Glücksspielstaatsvertrag zwei Jahre später sei der Knackpunkt. Er habe der Automatenlobby in die Hände gespielt. Die Spielrhythmen wurden verkürzt, in Spielcasinos herrsche Ausweispflicht. „Dadurch sind die Umsatzchancen größer geworden.“