Pokerturnier in Wien als Hochrisiko-Event
Ab Dienstag wird im Kursalon um Millionen Euro gezockt. Nach mehreren Überfällen ist die Nervosität bei der Polizei groß.
Der noble Kursalon als Austragungsort der EPT Wien: Fachjournalisten etwa aus Spanien, den USA und England berichten bereits seit vergangener Woche rund um das Pokerturnier in der „Heimatstadt der Sachertorte“. Hochspannung herrscht derzeit bei der Wiener Polizei. Hinter vorgehaltener Hand ist von der „am meisten gefährdeten Veranstaltung des Jahres“ die Rede. Am morgigen Dienstag und am Mittwoch sowie kommenden Sonntag werden im Kursalon beim Wiener Stadtpark Hunderttausende Euro den Besitzer wechseln. Allein dem Gewinner wird mindestens eine halbe Million ausbezahlt. |
Auch die WEGA steht dem Vernehmen nach im Hintergrund in Bereitschaft, nach außen hin gilt allerdings eine von ganz oben verordnete, strikte Informationssperre für die Medien. „Es gibt polizeiliche Vorkehrungen“, lautet offiziell die einzige Auskunft der BPD Wien. Wie die Pokerspieler will sich auch die Polizei im Vorfeld nicht in die Karten blicken lassen. Tatsächlich wurde das Turnier der European Poker Tour (EPT) intern aber als „Hochrisiko-Event“ eingestuft. Kurz war sogar eine polizeiliche Absage im Gespräch, wird intern kolportiert. Zu viel ist in den vergangenen Monaten rund um Casinos und Poker passiert:
Im März schlugen zwei bewaffnete Banden innerhalb weniger Tage in Berlin und Basel zu und erbeuteten hohe Geldsummen. In das Grand Casino Basel stürmten zehn mit Maschinenpistolen bewaffnete und mit Sturmhauben maskierte Männer und schossen bei laufendem Betrieb vor 600 Besuchern wild um sich. Mit Beute in der Höhe von mehreren Hunderttausend Euro gelang ihnen mit zwei grauen Audis die Flucht. Bei der Staatsanwaltschaft gibt man offen zu, dass die Täter nur noch durch einen Zufall geschnappt werden können.
Vor laufender Kamera
Nur kurz zuvor hatte ein Quartett in einem Casino im Wiener Prater knapp 600.000 Euro Beute gemacht. Kürzlich wurden die Täter zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.
Um derartige Coups in Wien zu verhindern, wurden die Sicherheitsmaßnahmen im Gegensatz zu früheren EPT-Pokerturnieren stark verstärkt. „Bei uns kommt niemand hinein, ohne registriert zu sein“, betont Turnierdirektor Johnny Lütkenhorst. Um das zu überwachen, wurde eine Armada von Securitys engagiert. Auch der früher übliche offene Tag für Besucher von außerhalb wurde vermutlich deshalb gestrichen.
Dass riesige Geldsummen wie in Berlin frei auf Tischen herumliegen, soll jedenfalls vermieden werden. „Es gibt einen eigenen Depottresor, zu dem nicht einmal die Kassiere Zugang haben“, erklärt Lütkenhorst. Außerdem wird das Geld immer wieder abgeholt und schwer bewaffnet zur Bank transportiert.
Nicht ungefährdet sind auch die Gewinner, die mitunter mit enorm hohen Summen nach Hause gehen. Vor allem in Frankreich waren vor einigen Jahren Banden aktiv, die bekannte Pokerspieler mit Fahrzeugen verfolgten und teilweise in wilden Szenen auf der Autobahn zum Stoppen gebracht hatten, um ihnen das eben erst gewonnene Geld wieder abzunehmen. Dies soll in Wien verhindert werden, indem Security-Mitarbeiter die Gewinner bis zur Bank oder zu einem Hotel eskortieren – je nach Wunsch.
Beim Veranstalter CCC ist man deshalb guter Dinge, dass das Millionen-Turnier in der Hauptstadt reibungslos über die Bühne gehen wird: „Unsere Maßnahmen sind ziemlich abschreckend.“
Wie ein Pokerturnier genau funktioniert
Wer bei einem Pokerturnier mitspielen will, muss zunächst einen Eintritt bezahlen, das sogenannte „buy-in“. Bei der EPT in Wien sind dies 5300 Euro für den Hauptbewerb (bei anderen Turnieren weit weniger). 300 Euro davon behält der Veranstalter zur Abdeckung seiner Kosten, 5000 Euro gehen in den Preispool. Kein Spieler kann mehr verlieren als diesen Eintritt. Erwartet werden in Wien etwa 1200 Spieler.
Dann bekommt jeder Pokerfan die gleiche Anzahl an Chips, bei der EPT sind das 30.000. Zu Beginn sind die Einsätze („blinds“) sehr niedrig. Alle 60 Minuten steigen diese aber, die Spieler kommen immer mehr unter Druck, auch mit schlechteren Karten mitzuspielen. Dadurch wird die Strategie immer wichtiger.
Während des Turniers, das über Tage geht, müssen stundenlang hochkomplizierte mathematische Berechnungen angestellt und beobachtet werden, ob die Gegner etwa durch Bewegungen verraten, ob sie gute oder doch schlechte Karten haben.
Am Ende kommen etwa zehn Prozent der Teilnehmer in die Geldränge und machen einen Gewinn. Spannend ist der Finaltisch der letzten neun Teilnehmer, der sogenannte „final table“. Wie bei der Reise nach
Jerusalem scheidet dort ein Spieler nach dem anderen aus, am Ende erhält der Sieger mindestens 500.000 Euro. Live wird dies ab Dienstag auf www.pokerstars.tv übertragen.