Casinos-Chef: ‚Es gibt in Österreich längst kein Monopol mehr‘
Karl Stoss, Chef des Noch-Monopolisten Casinos Austria, sieht es relativ gelassen, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) das Casinomonopol in Österreich gekippt hat. Er wünscht sich aber eine rasche Ausschreibung der Spielbanklizenzen und eine strenge Vorgehensweise gegen illegale Automaten. Dass er einzelne Casinos zusperren oder verkleinern muss, schliesst er nicht aus. Dafür könnten die Casinos in Österreich ins Automaten- sowie ins Pokergeschäft einsteigen. In Italien will die Gruppe ab Herbst 1.000 Video Lotterie Terminals (VLT) aufstellen. Auch im Internet sollen die Aktivitäten verstärkt werden, sagte Stoss im Interview mit der APA.
APA: Sehen Sie mit dem EuGH-Urteil das Ende des Glücksspielmonopols Österreichs gekommen?
Stoss: Da muss man ehrlich sein. Es gibt in Österreich schon längst kein Monopol mehr. Es stimmt zwar, dass wir als Gruppe nach wie vor die Monopolrente bezahlen im Sinne von hohen Steuern und Abgaben. Aber ansonsten wird uns links und rechts vorbeigefahren – nehmen Sie nur die hohe Illegalität im Automatenbereich, aber auch in Pokercasinos, Spielbanken oder im Online-Bereich. Ich bin sehr froh, wenn das alles stärker in einen ordnungspolitischen Rahmen eingebettet wird. Die „Soko Glücksspiel“ sollte – gerade am Anfang – sehr streng gegen illegale Automaten vorgehen.
APA: Wann soll man Ihrer Meinung nach mit der Ausschreibung der Casinolizenzen beginnen?
Stoss: Man soll das EuGH-Urteil als Anlass nehmen, möglichst rasch mit der Interessentensuche zu beginnen. Nicht, weil ich damit rechne, alle Konzessionen zu bekommen. Wir beweisen über 40 Jahre tolle Erfahrung. Es gibt aber viele ausländische und inländische Mitbewerber, die durchaus auch das ein oder andere Argument einbringen.
APA: Befürchten Sie, dass durch das Urteil in der Causa Engelmann Betreiber privater Casinos bis zur Neuausschreibung der Konzessionen nicht bestraft werden dürfen? Das würde den Casinos Austria wohl ziemlich wehtun.
Stoss: Ich persönlich sehe diese Sanktionslücke überhaupt nicht. Ich kann auch nicht jeden Tag auf der Autobahn 200 km/h fahren in der Hoffnung, es wird legalisiert. Wir haben auch damals die Konzessionen aus rechtlicher Sicht vollkommen korrekt erhalten. Das das dem Gemeinschaftsrecht widerspricht, ist etwas anderes.
APA: Wissen Sie schon, ob die neuen Casinokonzessionen wieder an einem bestimmten Standort hängen? Aus dem Finanzministerium verlautet, dass diesmal nicht standortgebunden ausgeschrieben wird.
Stoss: Ich kann mir vorstellen, dass sie bundesländerbezogen sein werden – man wird nicht 15 Konzessionen für Wien vergeben. Eine standortunabhängige Vergabe würde uns absolut entgegenkommen. Weil es ändert sich natürlich die Attraktivität von Orten und Tälern.
APA: Das Casinos Baden etwa soll schon lange nicht mehr viel abwerfen.
Stoss: Baden ist durchaus attraktiv, aber dort müssen wir vielleicht von der Grösse her adaptieren. Baden ist eben keine Millionenstadt.
APA: Gibt es schon konkrete Schliessungs- oder Verkleinerungspläne?
Stoss: Nein. Wir warten die Ausschreibung ab, dann machen wir uns Gedanken.
APA: Was ist mit dem Standort Kleinwalsertal?
Stoss: Das Kleinwalsertal ist eine unglaublich attraktive Destination gewesen, solange es noch Zollausschlussgebiet war. Durch den Angriff deutschsprachige Länders auf die dort ansässigen Banken hat der Standort jedoch massiv gelitten. Das wird man zur Diskussion stellen müssen. Ich schliesse nicht aus, einzelne Spielbanken zusperren zu müssen. Auch nicht, dass bestimmte Standorte verlagert werden, innerhalb Österreichs oder innerhalb des Bundeslands.
APA: Für wieviele Casinos wollen Sie sich nächstes Jahr bewerben?
Stoss: Sicherlich für alle 15.
APA: Hätten Sie in Wien gerne eine zweite Spielbank? Man sagt Ihnen schon lange Interesse am Kursalon Hübner nach.
Stoss: Wien hat mit 1,7 Millionen Einwohnern nur ein Casino. Der Kursalon wäre ein toller Standort für ein Casino. Nur, ob der jetzt sinnvoll ist und der andere (in der Kärntner Strasse, Anm.) aufrechterhalten wird, muss man sich in Ruhe überlegen. Die Kärntner Strasse und der Kursalon liegen sehr nahe beieinander.
APA: Haben Sie auch Interesse an einer sogenannten Spielhölle?
Stoss: Nein. Das schliesst aber nicht aus, dass wir intern diskutieren, uns in dem einen oder anderen Bundesland für eine Automatenkonzession zu bewerben. Bei grossen Spielhallen haben wir mit unseren 12 WINWIN-Studios schon acht Jahre Erfahrung. Interessant wären grössere oder kleinere Bezirkshauptstädte, wo wir noch keine Casinos haben.
APA: Und spitzen Sie auch auf die Pokerlizenz, die 2011 erstmals vergeben werden soll?
Stoss: Ja. Wir bieten Poker schon jahrelang in unseren Casinos an.
APA: Kommen wir zu den Auslandsaktivitäten der Casinos Austria. Die Casinos Austria International (CAI) hat im ersten Halbjahr 2010 einen Verlust von 14 Millionen Euro eingefahren. Wie ist der zustande gekommen?
Karl Stoss: Wir haben in die Standorte in Brüssel und Hannover 50 Millionen Euro investiert. In den beiden ersten Quartalen haben wir daher Sachinvestitionen von 19,2 Millionen in der Bilanz. Ohne das wären wir positiv gewesen. Hinzu kommt, dass wir in Europa die Rezession spüren. Die Menschen geben für Vergnügen weniger aus. Daneben haben wir mit zusätzlichen Regulierungen zu kämpfen. Zum Beispiel mit dem Rauchverbot.
APA: Wieviele Jobs müssen Sie im Gefolge dieser Entwicklungen streichen?
Stoss: Wir streichen keine Jobs. Wir haben lediglich in Österreich ein Golden-Handshake-Programm für bis zu 120 Personen aufgelegt. Aufgrund des Trends hin zum Automatenspiel brauchen wir weniger Menschen an den Tischen und wollen einigen die Möglichkeit eines attraktiven Ausstiegs geben.
APA: Wie weit sind Sie mit den Video Lotterie Terminals (VLT) in Italien?
Stoss: Das beginnt im Herbst anzulaufen. Gemeinsam mit Partnern wollen wir einem ersten Schritt 1.000 Geräte in Minicasinos aufstellen – von Norditalien bis Rom. In Summe investieren wir zwischen 35 und 50 Millionen Euro.
APA: Der Glücksspielbereich verlagert sich immer stärker ins Internet. Neben win2day.at haben die Casinos Austria kürzlich die Plattform caigames.com gelauncht, die mit einer Lizenz aus Malta betrieben wird, derzeit aber nur in Grossbritannien anbieten darf. Werden bald neue Länder dazukommen?
Stoss: Wenn sich Märkte öffnen, ja. Die Schweiz zum Beispiel überlegt seit einem Jahr, seinen Online-Glücksspielmarkt zu liberalisieren, ebenso Belgien. Das werden wir uns ansehen. Doch was immer wir tun, wir agieren ausschliesslich im unter strikter Einhaltung der jeweiligen nationalen Bestimmungen. Deshalb ist caigames.com etwa auch von Österreich aus nicht verfügbar.
APA: Laut einer im Juni veröffentlichten RegioPlan-Studie geben die Österreicher mehr Geld für Glücksspiel als für Bildung aus. Finden Sie das bedenklich?
Stoss: Ich kenne die Studie nicht, aber nehmen wir an, es wäre so: Es geht den Österreichern darum, dass sie Vergnügen haben wollen. Wer für was Geld ausgibt, sollte jedem selbst überlassen sein.
APA: Was wird sich nach dem EuGH-Urteil an der Eigentümerstruktur der Casinos Austria ändern? In der Vergangenheit wurde mehrfach kolportiert, dass die Nationalbanktochter Münze Österreich ihren 33-Prozent-Anteil abgeben will.
Stoss: Ich sehe dafür keine Anzeichen und würde mir auch sehr wünschen, dass die Eigentümerstruktur stabil bleibt.