Länder fälschten Gutachten, um Glücksspielmonopol zu erhalten

Die Diskussion um die Novellierung des Glücksspielstaatsvertrags ist in vollem Gange, und die staatlichen Monopolisten sehen ihre Felle davonschwimmen. Aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein gibt es eindeutige politische Signale, das weder wirtschaftlich sinnvolle noch praktikable staatliche Glücksspielmonopol abzuschaffen, und auch „Kaiser“ Franz Beckenbauer, der mit Sorge um die Konkurrenzfähigkeit des deutschen Sports den dauerhaften Abfluss von Geldmitteln per Internet ins EU-Ausland beobachtet, hat sich längst für die Abschaffung des Monopols ausgesprochen, das in deutschsprachige Länder eine ebenso lange wie unsinnige Tradition aufweist wie das Zündholz- oder Branntweinmonopol.

Doch das Imperium, sprich die Länder, deren Toto-Lotto-Chefs gerne mit den Spendiersäcken durch die sozialen Einrichtungen ziehen und sich feiern lassen wie im Dezember der Nikolaus, schlägt zurück: Krampfhaft versuchen sie, am „Glücksspielmonopol“, das zu Unrecht so heißt, weil es nicht alle Glücksspiele, schon gar nicht die an Spielautomaten, sondern nur die von Toto-Lotto angebotenen betrifft und auch insoweit nur auf die Veranstaltung, nicht auf den Vertrieb erstreckt, festzuhalten – sogar um den Preis der Fälschung von Dokumenten.

Der Karlsruher Rechtsanwalt Dieter Pawlik hat nachgewiesen, dass die Länder wesentliche Aussagen eines Gutachtens, das sie zur „Vergleichenden Analyse des Glücksspielwesens“ beim Schweizer Institut für Rechtsvergleichung in Auftrag gegeben haben, zu ihren Gunsten umgeschrieben haben.

Pikant: Das Gutachten sollte in der Diskussion um das Glücksspielmonopol eigentlich eine objektive Grundlage liefern. Doch die Fakten gefielen den zuständigen Beamten einiger Länder offensichtlich nicht. Als im April 2009 die Originalfassung vorlag, beanstandete der Lenkungsausschuss der Bundesländer „inhaltliche und sprachliche Mängel“. Frei nach dem Motto „Wir bezahlen das Gutachten, dann hat auch drin zu stehen, was wir wollen“, machte sich der Lenkungsausschuss an eine neue, zensierte Fassung – und nur diese gab er an die einzelnen Bundesländer weiter. Die Originalfassung liegt deshalb in den meisten Bundesländern selbst den zuständigen Beamten bis heute nicht vor. Nachfragen von Gerichten oder aus dem politischen Raum werden mit einer einheitlichen Sprachregelung beantwortet, deren Wahrheitsgehalt die zuständigen Landesbeamten gar nicht überprüfen können, weil sie den Text schlicht nicht kennen, auf den sich die Aussagen der Sprachregelung beziehen.

Die Manipulationstäter sind auch bereits identifiziert. Es überrascht nicht, dass möglicherweise auch die Grenzen strafbaren Handelns überschritten worden sind. Anzeigen an die Zuständigen Ermittlungsbehörden und Kammern werden derzeit gefertigt.

Rechtsanwalt Pawlik hat sich jetzt entschlossen, die Gutachtensfälschung öffentlich zu machen. Denn nachdem sie bei einer Anhörung im Mainzer Landtag bekannt wurde, wird jetzt so getan, als sei nichts gewesen, obwohl die „Welt“ schon am 09. Juni von einem „frisierten Gutachten“ sprach, das den Steuerzahler 200.000 Euro kostete.

„Die Fälschungen sind eklatant und skandalös“, sagt Rechtsanwalt Dieter Pawlik. „Würde ein Privatmann in einem Gerichtsverfahren ein Gutachten derart manipulieren, hätte er bald Post von der Staatsanwaltschaft.“

Ein paar Beispiele: Während es im ursprünglichen Gutachten heißt, das Wettwesen sei „weniger dem Problemspiel ausgesetzt“, hat es in der neuen Fassung plötzlich ein „hohes Gefährdungspotential“. In der Ausgangsfassung wird ein „kleiner, konsequent regulierter Glücksspielmarkt“ empfohlen, in der Neufassung soll dieser plötzlich „im Rahmen eines staatlichen Monopols“ bestehen. Auch zu den Glücksspielmärkten im EU-Ausland wurden offensichtlich bewusste Fehlinformationen aufgenommen, wie z.B. der Hinweis, in Italien gebe es wirkungsvolle Internetsperren für Glücksspielanbieter, obwohl jeder sportbegeisterte Italiener weiß, dass das nicht stimmt. Den Zensoren kann man bei alledem eine gewisse Gründlichkeit nicht absprechen: Sie strichen sogar den Hinweis in der Ursprungsfassung des Gutachtens, dass die von den staatlichen Anbietern hoch gepriesenen Maßnahmen des Spielerschutzes nur einen „Vorwand für Protektionismus und Monopolerhaltung“ darstellten.

Nach Auffassung von Rechtsanwalt Dieter Pawlik offenbart die Gutachtenmanipulation einen noch viel alarmierenderen Befund: „Was wir hier sehen, ist nicht weniger als die Entmündigung der Politik durch eine kleine Gruppe Eingeweihter im Dienste Interessierter.“ Einfach zur Tagesordnung übergehen, will Rechtsanwalt Pawlik, Vizepräsident des Verbandes Europäischer Wettunternehmer, deshalb nicht: „Das muß an die Öffentlichkeit gebracht werden. Die wird belogen und betrogen. Seit Jahren versuchen wir klarzumachen, dass die meisten Wettanbieter solide, seriöse Unternehmen sind, die bereit sind, Steuern zu zahlen wie jeder andere und sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst sind. Während diese mit einer Art emotionaler Treibjagd verleumdet werden, sitzen die wahren Täter ganz woanders- in den Amtsstuben. Dem muss jetzt ein Ende gemacht werden. “

Das Originalgutachten sowie eine Synopse beider Gutachten sind unter www.vewu.de einsehbar.

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