Streit um Wettbüros auf Höhepunkt

Glücksspiel: Europäischer Gerichtshof entscheidet am Mittwoch über Zulässigkeit privater Angebote / Laut Behörde in Ludwigshafen 41 Einrichtungen geschlossen.

Die Internetseite des Europäischen Gerichtshofs ist recht nüchtern gestaltet. Kritiker würden sagen, sie ist sehr schlicht, während andere denken mögen, so gehört es sich für eine seriöse Institution. Auf jeden Fall lädt die Seite nicht dazu ein, einfach mal zum Spaß herumzusurfen und stundenlang von einem interessanten Punkt zum nächsten zu klicken. Und doch wird sie am Mittwoch hohe Zugriffsraten aus deutschsprachige Länder verzeichnen. Denn dort wird, kurz nachdem die Große Kammer um 9.30 Uhr zusammengetreten ist, ein Urteil zu lesen sein, das für fast alle größeren Städte der Republik von Bedeutung ist: Das höchste europäische Gericht entscheidet darüber, ob private Glücksspielangebote in deutschsprachige Länder zulässig sind – und stellt damit eine entscheidende Weiche für die Zukunft der umstrittenen Wettbüros in Ludwigshafen.

Einstimmigkeit im Stadtrat

Ausgangspunkt des Rechtsstreits ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das den Gesetzgeber vor vier Jahren vor eine Entscheidung stellte: Er müsse entweder den lukrativen Markt für private Anbieter öffnen oder dem Schutz vor der Spielsucht Vorrang geben, also etwa auch die Werbung für das Spiel mit dem Glück einschränken. Die Länder, die für den Bereich zuständig sind, entschieden sich für letzteren Weg und schlossen einen Vertrag, in dem das staatliche Glücksspielmonopol festgeschrieben wurde.

Dagegen klagten private Anbieter, die beispielsweise in Malta oder Österreich schon Glücksspiellizenzen erhalten hatten und fanden, dass sie im Sinne der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit überall in der Europäischen Union arbeiten müssen dürften.

Während die Rechtslage unübersichtlich war, eröffneten in Ludwigshafen und vielen anderen Innenstädten zahlreiche private Wettbüros, die, außer bei den Kunden, zumeist auf wenig Gegenliebe stießen. Geschäftsleute und Politiker befürchten, dass dadurch Einzelhandelsstandorte an Wert verlieren. Deshalb stellte sich auch der Ludwigshafener Stadtrat im März einstimmig hinter die Forderung, die Wettbüros mit allen legalen Mitteln wieder zu verdrängen.

Doch die Stadt selbst kann das nur in sehr begrenztem Maße. Sie darf nur einschreiten, wenn Verstöße gegen das Baurecht vorliegen, also etwa im jeweiligen Bebauungsplan der Betrieb eines Wettbüros verboten ist. Für die prinzipielle, ordnungsrechtliche Seite ist die Trierer Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) zuständig.

Sie versucht, mit Verweis auf das Glücksspielmonopol, schon seit mehr als einem Jahr alle privaten Einrichtungen zu schließen. Doch dagegen haben einige Betreiber geklagt, so dass sich die Verwaltungsgerichte mit der Frage beschäftigen mussten. Die wollten vor einer endgültigen Entscheidung aber abwarten, was die Richter des Europäischen Gerichtshofs dazu zu sagen haben – weshalb das Urteil am Mittwoch so wichtig ist.

Zwar hat die ADD in der Zwischenzeit schon versucht, mit einem vorläufigen Beschluss möglichst viele Wettbüros schließen zu lassen, allerdings mit unterschiedlichem Erfolg. Denn zum einen haben manche Anbieter die Trägheit des Systems genutzt, sagt Nadja Wierzejewski von der ADD: „Da haben die Betreiber schneller gewechselt, als wir gucken können.“ Was zur Folge hatte, dass die gleichen Einrichtungen unter anderem Namen weitergeführt wurden.

Zum anderen war für das für Ludwigshafen zuständige Verwaltungsgericht in Neustadt die Lage nicht so klar wie für die Richter in Mainz, Koblenz oder Trier: mit der Folge, dass die Wettbüros nicht sofort geschlossen werden konnten. Inzwischen habe sich das zwar geändert, sagt Nadja Wierzejewski: „In Ludwigshafen gab es 41 illegale Sportwettenannahmestellen. Nach den mir vorliegenden Informationen wurden alle geschlossen oder von uns versiegelt.“ Doch bei einer Stichprobe in der Ludwigstraße war vorgestern zumindest eines noch geöffnet.

Auch wie sich die Situation nach dem Urteil am Mittwoch verändern wird, bleibt abzuwarten. Denn theoretisch, sagt Nadja Wierzejewski, könnten die Betreiber noch das Bundesverfassungsgericht anrufen. Und der Vertrag der Länder, der das Glücksspielmonopol garantiert, laufe ohnehin Ende nächsten Jahres aus. Wie es dann weitergeht, lasse sich noch nicht sagen. Deshalb verhält es sich mit dem Streit ein bisschen wie mit den Sportwetten selbst: Auch mit den besten Tipps lässt sich das Ergebnis nie sicher voraussagen.

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